Baureihe 185

5. Druckluftausrüstung und Bremse

5.1 Grundkonzept

Die Druckluftversorgung wird über einen Schraubenluftpresser mit nachgeschalteter Lufttrocknungsanlage sichergestellt, das Vorratsluftvolumen von 8,5...10 bar (HB: Hauptluftbehälterluft) beträgt 760 I.

Die Bremsausrüstung besteht aus einer fahrdrahtspannungsabhängigen Netzbremse mit einer auf maximal 150 kN begrenzten Bremskraft für den Traktionsbetrieb und einer Druckluftscheibenbremse als Rückfallebene und für den Wagenbetrieb. Grundsätzlich könnten die Lokomotiven mit der der Zugkraft entsprechenden Bremskraft dynamisch gebremst werden. Dies ist jedoch aus zugdynamischen und bremsbetrieblichen Gründen problematisch. Sowohl die Steuerung als auch einzelne Komponenten der Bremse wurden gegenüber der BR 145/152 wesentlich weiterentwickelt, um eine einfachere Bedienung und das problemlose Schleppen der Lokomotiven sicherzustellen. Bei den im Güterverkehr häufigen unpaarigen Verkehren ist es wirtschaftlich, Lokomotiven als Wagen in Regelzügen rückzuführen. Dies erspart zusätzliche Trassenbelegungen und Personalkosten. Die Lokomotiven müssen dabei auch über längere Zeit alle Funktionen einer Wagenbremse ohne jegliche elektrische Energiezufuhr erfüllen.

Wie bereits die Lokomotiven der BR 145 und 152 erhielt auch die BR 185 Scheibenbremsen als Rückfallebene bei Ausfall der elektrischen Netzbremse und als Betriebsbremse im Wagenbetrieb. Dabei verfügt jedes Rad über eigene Radbremsscheiben und einen eigenen Bremszylinder mit integriertem Gestängesteller. Je Radsatz ist ein Bremszylinder als Kombibremszylinder mit Federspeicher ausgeführt, der als Feststellbremse dient.

Bei der BR 185 werden, wie bereits bei BR 145/152, nahezu alle Funktionen der Druckluftsteuerung und -überwachung, einschließlich des Zusammenwirkens mit der einem Bremsrechner ist ein Analogwandler zur Steuerung des Relaisventiles variabel zugeordnet. Im Normalfall wird der Hauptluftleitungsdruck also elektronisch geregelt, womit auch AFB-Betrieb (Automatische Fahr- und Bremssteuerung) möglich ist.

Als Rückfallebene ist eine pneumatische Hauptluftleitungsregelung mittels Druckregler am Führerbremsventil bei der BR 185 im Gegensatz zur BR 145/152 wieder vorhanden, um auch bei Ausfall der Elektrik eine geregelte Bremsbedienung sicherstellen zu können.

Zur Störungsabhilfe ist für den Triebfahrzeugführer in der Regel nur bedeutsam, wenn beide Bremsrechner oder der aktive Bremsrechner eine Störung melden. Störungen nur eines Bremsrechners führen zum Masterwechsel (Wechsel zwischen aktivem und passivem Zustand) und Störungen des nunmehr passiven Bremsrechners sind in der Regel nur für die Werkstatt relevant.

Während bei eingeschalteter Batterie alle Funktionen für den Betrieb als Lokomotive verfügbar sind, erfüllt die Bremse der Lokomotive nach Ausschalten der Batterie nur noch die Funktionen einer Wagenbremse. Zum Ein- und Ausschalten der Lokomotive, also zum Wechsel vom Lokomotiv- zum Wagenmodus, genügt das Betätigen eines einzigen Hahnes, des "Batteriehahns". Daher werden die verschiedenen Funktionen der Bremse in Abhängigkeit von der Betriebsart im folgenden beschrieben.

5.2 Indirekte Bremse (Zugbremse)

Mit der indirekten Bremse werden durch Regelung des Hauptluftleitungsdruckes die im Zugverband eingeschalteten Steuerventile der Einzelfahrzeuge gesteuert.

Lokomotivbetrieb (Batteriehahn "ein"):

a) Elektronische Bremssteuerung (Normalfall):

  • Relaisventil regelt Hauptluftleitungsdruck nach Steuerdruck des Analogwandlers/ Bremsrechners,
  • Angleichen und Füllstoß mit erhöhtem Komfort: Angleichergedächtnis und automatisches Angleichen,
  • umfassende überwachung und Diagnose,
  • bei AFB-Betrieb automatische Hauptluftleitungs-Regelung durch Analogwandler/ Bremsrechner,
  • NBü/ep-Betrieb möglich (ohne Füllstoß).

b) Pneumatische Bremssteuerung (Rückfallebene):

  • Relaisventil regelt Hauptluftleitungsdruck nach Steuerdruck des vom Lokführers bedienten Führerbremsventiles,
  • kein AFB-Betrieb möglich,

Falls der Analogwandler defekt ist oder nicht mehr angesteuert werden kann, ist damit eine Fortsetzung der Zugfahrt möglich. Bei einem zusätzlichen Totalausfall beider Bremsrechner bestehen darüber hinaus folgende Einschränkungen:

  • kein Angleichen möglich,
  • kein Füllstoß möglich,
  • kein NBü/ep-Betrieb möglich,
  • sehr eingeschränkte überwachung, keine Diagnose.

Wagenbetrieb (Batteriehahn "aus"):

Die indirekte Bremse ist voll funktionsfähig, das heißt:

  • am Steuerventil können alle drei Bremsstellungen (R, P, G) manuell eingestellt werden,
  • die Versorgung der R-Behälter erfolgt über die HB-Leitung oder, bei deren Fehlen, automatisch über die Hauptluftleitung (kein zusätzlicher Schlepphahn vorhanden),
  • der Gleitschutz ist wirksam.


5.3 Direkte Bremse (Lokomotivbremse)

Direkte Bremse (Lokomotivbremse) wirkt nur auf der besetzten Lokomotive und wird zum Rangieren oder kurzzeitigen Sichern verwendet.

Lokomotivbetrieb:

  • Anlegen: Ein variabler Bremszylinderdruck von 0...3,8 bar wird durch zeitabhängige Bedienung des Zusatzbremsschalters im Führerraum eingestellt (Funktion hart verdrahtet). Außerdem wird durch die sogenannte "AFB-Haltebremse" über MVB und Bremsrechner bei VsolI = 0 km/h und V = 0 km/h die direkte Bremse mit C = 3,8 bar angelegt.
  • Abschlussstellung/Mittelstellung.
  • Lösen: Das Lösen erfolgt mittels Zusatzbremsschalter im besetzten Führerraum (über Bremsrechner). Die AFB-Haltebremse wird automatisch gelöst bei Vsoll > 0 km/h und Zugkraft > 0 kN.

Wagenbetrieb:

Durch Absperren des Batteriehahnes wird die direkte Bremse ausgeschaltet und entlüftet.


5.4 Feststellbremse

Vier der acht Druckluft-Bremszylinder sind mit einem zusätzlichen Federspeicher ausgerüstet. Die Federspeicher-Bremszylinder legen gleichzeitig durch Entlüften der Versorgungsleitung (FS) an. Daher muss der Lösezustand zuverlässig gewährleistet und überwacht werden.

Die Federspeicherbremszylinder sind so dimensioniert, dass ein Lösedruck von 4,0 bar zum vollständigen Lösen ausreicht. Damit bleibt die Federspeicherbremse auch am Ende langer Güterzüge mit einem zulässigen Abfall des Luftdruckes längs der Hauptluftleitung noch gelöst.

Lokomotivbetrieb:

Mittels Leuchtdrucktaster "Anlegen" und Drucktaster "Lösen" an der Führerraum-Rückwand wird ein Magnetimpulsventil zum Ent- und Belüften der FS-Leitung bedient.

Der Zustand der Federspeicherbremse wird durch Druckwächter erfasst und im Bremsrechner ausgewertet. Das Anlegen der Federspeicherbremse während der Fahrt führt zur Zwangsbremsung.

Wagenbetrieb:

Mit Absperren des Batteriehahnes wird die Hauptluftleitung befristet entlüftet. Bei Hauptluftleitungsdruck von weniger als 1 bar wird die Federspeicherbremse in "Anlegen" gesteuert. Damit wird eine nachlassende Wirkung der Druckluftbremse infolge zulässiger Undichtheiten durch die Federspeicherbremse kompensiert. Die Lokomotive bleibt gesichert. Wird die Hauptluftleitung gekuppelt und gefüllt, so dass der Hauptluftleitungsdruck 3 bar übersteigt, steuert die Federspeicherbremse in "Lösen".

Eine abgestellte Lokomotive wird also durch Entlüften der Hauptluftleitung automatisch gesichert. Der Hauptluftleitungsdruck wird beim Schleppen der Lokomotive sowohl zum Steuern als auch zum Lösen verwendet: Bei einem Hauptluftleitungsdruck von mehr als 3 bar wird die Federspeicherbremse in "Lösen" gesteuert und mit der Vorratsluft des Behälters "Federspeicherbremse" gelöst. Bei dessen Erschöpfung erfolgt die Versorgung aus der Hauptluftleitung. Mit überschreiten eines Hauptluftleitungsdruckes von 4,0 bar wird die Federkraft bereits vollständig kompensiert.

Ein Schlauchbruch führt durch pneumatische Differenzdruckauswertung zu einer Zwangsbremsung.

Die Federspeicherbremse wird außen am Langträger ausgeschaltet. Das zugehörige Schauzeichen wird hierdurch ungültig und zeigt ein schwarzes Kreuz auf weißem Grund. Alle vier Federspeicher-Bremszylinder müssen nun manuell notgelöst werden. Der Lösezustand wird an jedem Zylinder separat angezeigt.


5.5 Gleitschutz

Lokomotivbetrieb:

Da vorrangig die elektrische Bremse zum Einsatz kommt, verhindert die Kraftschlussregelung der Lokomotive ein Gleiten der Räder.

Die Druckluftbremse verfügt über einen autarken Gleitschutz, der nur bei Bremsungen mit dem Führerbremsventil (indirekte Bremse) zur Einhaltung kurzer Bremswege unter allen denkbaren Kraftschlussverhältnissen wirkt.

Wagenbetrieb:

Wie bei Reisezugwagen seit geraumer Zeit üblich, verfügt nun auch die BR 185 über eine Ruheschaltung des Gleitschutzes (sleep-modus). überschreitet der Hauptluftleitungsdruck 3,0 bar, befindet sich die abgerüstete Lokomotive üblicherweise in einem Zugverband. Der Gleitschutzrechner ist aktiv und wird von der 110-V-Fahrzeug-Batterie versorgt. Bei längerem Unterschreiten dieses Hauptluftleitungsdruckes wird die Abstellung oder zumindest Stillstand der Lokomotive angenommen. Der Gleitschutzrechner schaltet sich selbsttätig ab, bis er durch ansteigenden Hauptluftleitungsdruck oder Aufrüsten der Lokomotive erneut eingeschaltet wird. Damit kann der Energieverbrauch gesenkt und die maximale Schleppdauer der Lokomotive deutlich verlängert werden.

Schematische Darstellung der Druckluftanlage:


Zeichnung: Railion

  • 1: Schlüsselventil Stromabnehmer,
  • 2: Stromabnehmer,
  • 3: Hauptschalter,
  • 4: Zusatzbremsschalter (Betätigung der direkten Bremse, zeitabhängig),
  • 5: Führerbremsventil (stellungsabhängig),
  • 6: Anlege- und Lösemagnetventil der direkten Bremse,
  • 7: Analogwandler für Relaisventil der Führerbremsventilanlage,
  • 8: Angleichfunktion für pneumatische Hauptluftleitungsregelung,
  • 9: Relaisventil der Führerbremsventilanlage,
  • 10: Steuerventil KEd mit manuellem Bremsstellungswechsel,
  • 11: Druckgeber (elektrischer Druck-/Spannungswandler),
  • 12: Magnetventil Vorsteuerung für E-Bremse,
  • 13: Doppelrückschlagventil direkte/indirekte Bremse,
  • 14: Druckübersetzer,
  • 15: R-Behälter (75 I),
  • 16: Makrofon,
  • 17: Steuerung der Federspeicherbremse, Betriebsart "Lokomotive" und "Wagen",
  • 18: Pneumatisch betätigtes Zwangsbremsventil "Wagenbetrieb" (Schlauchbruch Federspeicherbremse),
  • 19: Absperrhahn Federspeicherbremse,
  • 20: Gleitschutzmagnetventile,
  • 21: Schauzeichen Druckluftbremse,
  • 22: Sandstreueinrichtung,
  • 23: Spurkranzschmieranlage,
  • 24: Klimaanlage,
  • 25: Lokführersitz,
  • 26: Zwangsbremsventil Zugsicherung (ERTMS),
  • 27: Elektrisch betätigtes Zwangsbremsventil "Lokomotivbetrieb" (Sicherheitsfahrschaltung, Schnellbremsung Seitenabfahreinrichtung, fehlerhaft feste direkte Bremse, fehlerhaft feste Federspeicherbremse, schwere Bremsstörungen).

Die Farben haben folgende Bedeutung:

  • Blau: Hauptluftbehälterleitung (HB, Regeldruck 8,5...10 bar);
  • Blau gestrichelt: HBL-Kreis (HB-Verbraucher, die von HL versorgt werden können);
  • Gelb: Hauptluftleitung (HL, Regeldruck 5 bar);
  • Violett: Steuerdruck A bei elektronischer HL-Regelung (ei);
  • Violett gestrichelt: Steuerdruck A bei pneumatischer HL-Regelung (pn);
  • Grün: Bremszylinder-Vorsteuerdruck CvA der indirekten Bremse;
  • Grün gestrichelt: Bremszylinder-Vorsteuerdruck CvB der direkten Bremse;
  • Rot: Bremszylinderdruck C;
  • Orange gestrichelt: Lösedruck der Federspeicherbremse FS;
  • Schwarz: Steuerdruck Betriebsart Lokomotive/Wagen BE ("Batterie ein"), Zwangsbremsventil-Entlüftungsleitung ZWB, Angleichdruck Z, Sonstige;
  • Schwarz gestrichelt: elektrische Steuerleitung


5.6 Gerätetechnische Ausstattung

Die Druckluft- und Bremsausrüstung samt zugehöriger Rechner und Elektrik ist in einem kompakten, nach oben ausbaubarem Luftgerüst untergebracht. Von hier aus erfolgt die Verteilung der Luft längs der Mittenverrohrung unter dem Mittelgang des Maschinenraumes zu den Drehgestellen und Führerräumen.

Das Luftgerüst besteht aus drei Bereichen:

1) Elektronik- und Schaltgeräteschrank mit zentraler Aufrüsttafel (von oben nach unten):

  • zwei Bremsrechner (master/slave),
  • zentrale Aufrüsttafel (elektrische Betriebsarten-Wahlschalter und Störschalter, zum Beispiel für Zugsicherung und Sifa),
  • Gleitschutzrechner,
  • Elektromechanik (elektrische Bauteile, wie Relais, Schütze, auch Klemmen, Sicherungen),
  • MITRAC-Module (analoge oder digitale Ein- und Ausgabe-Baugruppen der Fahrzeugsteuerung).

2) Bremstafel mit Batteriehahn, Bremsstellungswechsel und Störungs-Absperrhähnen:

Auf der aus drei geklebten Aluminium-Modulen bestehenden Bremstafel befinden sich nahezu alle pneumatischen Komponenten der Druckluft- und Bremssteuerung.

3) Geräte und Baugruppen:

  • Luftpresser,
  • Hilfsluftpresser,
  • Druckluft-Behälter (2 x 300 I Hauptluftbehälter befinden sich im Untergestell der Lokomotive),
  • Lufttrocknungsanlage, 
  • Kondensatsammelbehälter, 
  • Bremswirkgruppe der Zugsicherung "ETCS",
  • Spurkranzschmieranlage,
  • Druckluft-Schnellkupplung zum Anschließen von luftbetriebenen Werkzeugen.

5.7 Diagnose

  • Fehler werden als Prozessdaten übertragen,
  • Fehlermeldungen sind auf die kleinste tauschbare Einheit bezogen,
  • Einzelfehler der Bremsrechner sind am Diagnosedisplay im Führerraum ablesbar,
  • Interner Historienspeicher mit Umfelddaten (Auslesen über Serviceschnittstelle)

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